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Wolbergs Verteidiger beendet Plädoyer im Regensburger Korruptionsprozess

Der Verteidiger des angeklagten und suspendierten Regensburger Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs hat seine Forderung nach einem Freispruch bekräftigt. Am Donnerstag setzte Anwalt Peter Witting vor dem Landgericht sein Plädoyer fort und ging vor allem auf den Themenkomplex der Parteispenden ein.

Wolbergs muss sich seit vergangenem Herbst wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zudem Bestechlichkeit vorgeworfen und viereinhalb Jahre Haft gefordert.

Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass der mitangeklagte Unternehmer Volker Tretzel dem früheren SPD-Politiker Wolbergs verteilt über sechs Jahre Wahlkampfspenden in einer Gesamthöhe von etwa 450 000 Euro zukommen ließ. Und das gestückelt über Strohmänner aus seinem Umfeld in Beträgen knapp unter 10 000 Euro, damit die Spenden nach dem Parteiengesetz nicht veröffentlicht werden müssen. Damit soll sich Tretzel Aufträge für Bauvorhaben in der Stadt erkauft haben. Wolbergs‘ Anwalt Witting zufolge gibt es hierfür keine Beweise.

Die Staatsanwaltschaft unterstelle, Wolbergs habe nicht nur erkannt, dass die Einzelspenden allesamt aus dem Umfeld Tretzels stammten, sondern auch aus dem Vermögen des Unternehmers. Dabei stützten sich die Ankläger lediglich auf Indizien, sagte der Verteidiger. Tretzel habe nicht öffentlich spenden wollen, um keine Begehrlichkeiten zu wecken. Die Spenden seien im Rechenschaftsbericht verzeichnet worden. Vielleicht sei Wolbergs aufgefallen, dass die Spender aus dem Umfeld Tretzels stammten. Aber: „Hat Wolbergs gewusst, dass sie nicht aus ihrem privatem Vermögen spenden?“

Nicht nachvollziehen kann Witting das Argument der Ankläger, Wolbergs habe die Spendenquittungen persönlich unterzeichnet, um den Eingang der Spenden zu kontrollieren. Seinem Mandanten zufolge sei es üblich, dass die Ortsvorsitzenden dies tun – aus Respekt den Spendern gegenüber. Das habe auch eine Mitarbeiterin als Zeugin so ausgesagt. Ein Durchschlag der Quittungen sei an den SPD-Landesverband gegangen.

„An keiner einzigen Stelle gibt es einen Nachweis dafür, dass Wolbergs wusste, dass die Spenden in voller Höhe aus dem Vermögen Tretzels geleistet worden sind.“ Witting spricht von einem „regelkonformen Vorgehen des Herrn Wolbergs“.

Scharf kritisierte der Anwalt in diesem Zusammenhang das Parteispendengesetz. Es sei der verfassungsrechtliche Auftrag der Parteien, sich durch Spenden zu finanzieren. Spender zu organisieren sei ausdrücklich zugelassen. Wie solle das ein Amtsträger tun, wenn er damit stets mit einem Bein im Gefängnis stehe – weil der Anschein entstehen könnte, unter den Spendern sei einer, der sich in Zukunft einen Vorteil erhoffen könnte. „Das geht an der Lebenswirklichkeit vorbei.“ Zumal in einer Stadt von der Größe Regensburgs.

Witting spricht vom Grundrecht der politischen Betätigung. Das umfasse auch das Recht, Parteien mit privaten Unterstützungsaktionen zu helfen. „Tretzel hat von seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht zu spenden Gebrauch gemacht.“

Was Witting besonders empörte: Dass die Staatsanwaltschaft Wolbergs und dem Unternehmer jegliche soziale Einstellung abgesprochen und den beiden stets korruptes Denken unterstellt habe. Er verwies darauf, dass Tretzel seines Wissens nach beispielsweise einen Freund, dem es nicht so gut gehe, monatlich finanziell unterstütze.

Der Anwalt erinnerte an ein abgehörtes Telefonat zwischen Tretzel und Wolbergs, das mehrere Monate nach Ermittlungsbeginn stattfand. Darin habe Tretzel Wolbergs im Zusammenhang mit der geplanten Umwidmung eines Gewerbegebietes in ein Wohngebiet gefragt, ob er dabei bleiben wolle und ob ihm das nicht wieder negativ ausgelegt werden könne? Wolbergs habe geantwortet: „Das wäre mir völlig egal. Wichtig ist, dass dort Wohnungen entstehen.“ Die Entscheidungen seien im Stadtrat korrekt getroffen worden. Und weiter: „Wenn ich mich jetzt verleugnen muss … da gehe ich lieber mit wehenden Fahnen unter.“ Witting: „Das nötigt mir Respekt ab.“ Wolbergs stehe zu seinen Überzeugungen. Es gebe keine Unrechtsvereinbarung.

Die Staatsanwaltschaft dagegen habe daraus die These aufgestellt, die beiden träfen selbst während des Ermittlungsverfahrens weitere Korruptionsvereinbarungen. Witting zitierte einmal mehr Wolbergs aus jenem Telefonat: „Wenn es einem Spaß macht, in einem Land zu leben, das von Neid geprägt ist und man immer nur Gemeinheiten unterstellt… Ich bin dankbar für die, die etwas zerreißen, ich lasse mich nicht verbiegen.“

Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt. Dann ist das Plädoyer der Tretzel-Verteidigung vorgesehen.