Grundschulen waren demnach im Schnitt 64 Tage geschlossen und 118 Tage nur teilweise geöffnet. Weiterführende Schulen waren an 85 Tagen geschlossen und an 98 Tagen nur eingeschränkt in Betrieb, Gymnasien oder Berufsschulen waren 83 Tage zu und 103 Tage nur teilweise geöffnet. Kitas waren im Untersuchungszeitraum im Durchschnitt 61 Tage vollständig geschlossen. Zahlen zum Teilbetrieb bei Kitas liegen nicht vor.
OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher sagte am Donnerstag: „Man muss bei zukünftigen Krisen sich Gedanken machen, was die Prioritäten sind.“ Er verwies darauf, dass andere OECD-Länder bei ähnlicher oder noch schwierigerer Infektionslage, die politische Entscheidung getroffen hätten, die Schulen offenzuhalten.
Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) begründete das Vorgehen in Deutschland mit der starken Rolle der Gesundheitsfrage im Abwägungsprozess, „was übrigens auch von der Gesellschaft ja lange, lange so auch mitgetragen wurde.“ In Umfragen habe man weitestgehende Akzeptanz dafür gesehen, dass man sehr restriktiv rangegangen sei. Schleicher sagte, es sei international keinerlei statistischer Zusammenhang zwischen der Höhe der Infektionsraten und der Länge der Schulschließungen zu sehen.
Die OECD legte die Daten im Rahmen ihrer jährlich veröffentlichten Erhebung „Bildung auf einen Blick“ vor. In der mehr als 500-seitigen Studie werden die Bildungssysteme der 38 OECD- und weiterer Länder miteinander verglichen. Unter anderem wird untersucht, wie viel Geld die Länder für Bildung ausgeben oder wie Schulen und Kitas personell aufgestellt sind.
Hervorgehoben wird für Deutschland, dass sowohl in der Altersgruppe unter drei Jahren als auch im vorschulischen Bereich mehr Kinder an frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung teilnähmen als im OECD-Durchschnitt. Die jährlichen Bildungsausgaben pro Schülerin und Schüler seien zudem höher als im OECD-Durchschnitt. Allerdings gibt Deutschland dem Bericht zufolge bezogen auf sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) weniger Geld für Bildungseinrichtungen aus als die OECD-Länder im Schnitt. 2018 waren es demnach 4,3 Prozent des BIP, verglichen mit einem OECD-Durchschnittswert von 4,9 Prozent.
Der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt müsse deutlich wachsen, forderte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Mit den bisher eingesetzten Mitteln schaffen wir es in Deutschland bis heute nicht, für Chancengleichheit zu sorgen“, sagte GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. Die Gewerkschaft erneuerte zudem ihre Forderung nach besserer Bezahlung für Lehrkräfte und verwies auf einen „dramatischen Lehrkräftemangel“ an Grundschulen. Nur so werde der Lehrkräfteberuf für junge Menschen bei der Berufswahl wieder attraktiver.
OECD-Bildungsdirektor Schleicher sieht andere Gründe: „Es geht weniger daum, den Lehrerberuf finanziell attraktiver zu machen, das ist er schon. Es geht eher darum, das Berufsfeld intellektuell attraktiver zu machen“. Laut OECD-Bericht sind die Gehälter für Lehrkräfte in Deutschland höher als in allen anderen OECD-Ländern mit verfügbaren Daten. Schleicher plädierte für neue Karrierestrukturen, die Lehrkräften eine Weiterentwicklung ermöglichten. Schule müsse ein spannendes Arbeitsumfeld sein. In Deutschland sei der Lehrerberuf immer noch sehr auf Unterricht im Klassenzimmer beschränkt.