Nittendorfer Jagdunfall – Jäger schildert Geschehen vor Gericht

Seine Waffen habe er abgegeben, den Jagdschein nicht verlängern lassen. Der 46 Jahre alte Mann auf der Anklagebank im Landgericht Amberg will kein Jäger mehr sein. „Auf keinen Fall“, sagt er. Ein Schuss aus seinem Gewehr soll einen Mann in einem vorbeifahrenden Auto getötet haben. Davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt und legt dem Angeklagten fahrlässige Tötung zur Last. Das Unglück ereignete sich bei einer Jagd in einem Maisfeld in Nittenau im Kreis Schwandorf im vergangenen August. Sichtlich angeschlagen schildert der Angeklagte das Geschehen an jenem heißen Sommertag und berichtet unter Tränen, wie er vom Tod des Mannes erfuhr.

Ihm gegenüber sitzen als Nebenkläger die Eltern des 47-jährigen Opfers. Der Mann war mit einem 61-jährigen Verwandten auf dem Weg zu einer Sportveranstaltung auf einem regionalen Flugplatz, als ihn der Schuss traf. Laut Anklageschrift trat die Kugel in den rechten Unterarm, den der Mann am Autofenster liegen hatte, und dann in den Brustkorb ein. Sie durchschlug die Lunge, der Mann war sofort tot. Seiner Mutter steigen im Gerichtssaal immer wieder Tränen in die Augen.

Der Angeklagte war nach eigenen Angaben ein erfahrener Jäger. Den Jagdschein habe er 1995 gemacht, sein Vater sei auch Jäger. „Ich bin da reingewachsen“, erzählt er. „Für mich war das nicht einfach nur ein Hobby, sondern eine willkommene Pflicht.“ Von der Drückjagd sei er nicht begeistert gewesen. Wenn mehrere Jäger beteiligt seien, sei das Risiko erhöht, dass etwas passieren könne.

Andererseits sei großer Druck da gewesen. Der Landwirt, der das Maisfeld gepachtet hatte, habe beklagt, dass sich in dem Feld Wildschweine versteckten und großen Schaden anrichteten. Deswegen habe er die Jagd mit insgesamt elf Jägern organisiert, sagt der Angeklagte. „Die Drückjagd wäre nie zustande gekommen, wäre nicht dieser Druck gewesen.“ Eigentlich habe er an jenem Sonntag mit seiner Frau auf einen Flohmarkt gehen wollen. Dann kam alles anders.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, für keinen ausreichenden Kugelfang entlang der Bundesstraße gesorgt zu haben. Der Angeklagte gab an, die Jagd sorgfältig geplant zu haben, und zwar so, dass von der Straße weg geschossen werden sollte. Als Zeugen geladene Jäger sagen, der Jagdleiter habe vorschriftsgemäß über Gefahren und Sicherheitsmaßnahmen informiert und einen Verbindungsweg zu dem Feld gesperrt. „Keiner schießt auf die Straße, weil keine Wildsau ist es wert, dass ein Menschenleben gefährdet wird“, habe er gesagt, berichtet ein Zeuge.

Der Angeklagte erzählt, sich auf einem Traktor postiert und nach Jagdbeginn auf drei Wildschweine geschossen zu haben. Ein Schuss auf das dritte Tier traf den Ermittlern nach das Auto. Dessen Fahrer schilderte den Moment: Als sie das Maisfeld passierten, habe sein Kompagnon auf dem Beifahrersitz plötzlich den rechten Unterarm hochgerissen. Da habe er noch gedacht, es sei ja „gar kein Viech herin“. Dann habe es schon einen lauten Knall getan und die Scheibe sei herausgeflogen. Aus dem Augenwinkel heraus habe er am Unterarm seines Beifahrers Blut gesehen. Der 47-Jährige sei mit dem Kopf nach vorne hängend auf dem Sitz gesessen.

Als er nicht auf Ansprache reagierte, glaubte der Fahrer an einen Schock und steuerte nach eigener Aussage eine Ausfahrt der B16 an. In einer Rechtskurve sei der Beifahrer zu ihm herübergekippt und „hat mich mit verdrehten Augen angeschaut“. Da sei ihm klar gewesen, dass etwas Schlimmes passiert sein müsse, und setzte einen Notruf ab. Was er gedacht habe, als die Scheibe zerbarst, will die Vorsitzende Richterin Roswitha Stöber wissen. „Dass irgendein Idiot einen Stein geworfen hat“, sagt er. „Wer denkt schon an ein Geschoss.“

Das Urteil wird morgen in einer Woche erwartet.