Nach SPD-Zeitplan zur Impfpflicht: Regierungsbefragung mit Scholz

Kurz vor einem wichtigen Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag hat die SPD erstmals einen Zeitplan für die Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht vorgelegt. Ende Januar sollen SPD-Abgeordnete einen konkreten Vorschlag machen, wie Fraktionschef Rolf Mützenich am Dienstag in Berlin ankündigte. Scholz stellt sich an diesem Mittwochnachmittag erstmals als Bundeskanzler einer Regierungsbefragung im Parlament. Es wird erwartet, dass die Corona-Politik von SPD, Grünen und FDP bei der Befragung eine zentrale Rolle spielen wird.

Der Sozialdemokrat war bei der von ihm angestrebten Einführung einer generellen Impfpflicht zunehmend unter Druck geraten. Die CDU/CSU-Opposition hatte ihm in der Debatte Führungsschwäche vorgeworfen und einen Zeitplan verlangt. Mützenich sagte nun, unmittelbar nach der ersten „Orientierungsdebatte“ zur Impfpflicht im Parlament, die in zwei Wochen stattfinden soll, würden Abgeordnete der SPD Eckpunkte für einen Gesetzentwurf vorlegen. Diese sollen dann Grundlage für einen Gruppenantrag zusammen mit Parlamentariern anderer Fraktionen sein.

Bis zu einer Entscheidung im Bundestag sollte sich das Parlament danach nicht länger als zwei Monate Zeit lassen, meinte Mützenich: „Wir werden das im März abgeschlossen haben, ganz klar.“ Scholz hatte sich im vergangenen Jahr für ein Inkrafttreten einer allgemeinen Impfpflicht Anfang Februar oder Anfang März ausgesprochen.

Die Ampel-Koalition hatte sich darauf verständigt, dass die Abgeordneten frei über eine Impfpflicht entscheiden können, ohne sich an eine bestimmte Fraktionslinie halten zu müssen. Aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP gibt es bisher nur einen Antrag von Abgeordneten um den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki von der FDP, in dem eine Impfpflicht abgelehnt wird.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte Scholz auf, die allgemeine Impfpflicht fallenzulassen. „Die Diskussion über die Impfpflicht überschattet aktuell alles. Doch ob sie wirklich kommt, wird von Tag zu Tag unwahrscheinlicher“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch). „Auch wenn der Bundeskanzler das Thema Impfpflicht zur Chefsache erklärt hat, sollte Olaf Scholz jetzt auch die Größe zur Umkehr besitzen. Denn schon viel zu lange wurden dringendere Themen aufgeschoben.“

Die Fragen zur Impfpflicht seien sehr komplex, sagte Brysch. Wer den Einstieg jetzt wolle, müsse auch erklären, wie der Ausstieg aus der Pflicht möglich sein werde. „Und das vor dem Hintergrund, dass weder Virusvarianten in Zukunft aufzuhalten sein werden noch die Impfung zu einer sterilen Immunität führt“, argumentierte der Patientenschützer. Klar sei allerdings, dass die Impfung der beste Schutz für einen selbst sei.

Die Befürworter halten eine Impfpflicht für nötig, weil die Impfquote zu gering ist, um die Pandemie nachhaltig einzudämmen. 72 Prozent der Bevölkerung haben den vollständigen Grundschutz mit der meist nötigen zweiten Spritze. Mehr als 43 Prozent haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung („Booster“) erhalten, die als wichtig für einen wirksamen Schutz vor der ansteckenderen Virusvariante Omikron gilt. Etwas weniger als 75 Prozent haben mindestens eine Spritze bekommen.

Für die vorgesehenen neuen Corona-Quarantäneregeln soll noch in dieser Woche ein rechtlicher Rahmen besiegelt werden. Künftig sollen unter anderem „Geboosterte“ mit Auffrischungsimpfung von einer Quarantäne als Kontaktperson von Infizierten ausgenommen sein. Mit einer entsprechenden Verordnung soll sich an diesem Mittwoch das Bundeskabinett befassen, wie es am Dienstagabend vom Gesundheitsministerium hieß. Sie soll dann am Donnerstag in den Bundestag kommen und am Freitag abschließend in den Bundesrat. Letztlich umgesetzt werden müssen die Quarantäneregeln von den Bundesländern.

Bund und Länder hatten die Neuregelungen in der vergangenen Woche auch mit Blick auf die Verbreitung der neuen Virusvariante Omikron vereinbart. Generell sollen Absonderungszeiten verkürzt werden. Dafür soll auch das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag aktualisierte Empfehlungen veröffentlichen, wie es aus dem Ministerium weiter hieß.

Laut einem RKI-Entwurf sollen sich die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten und die Isolierung, wenn man selbst erkrankt ist, an einer „Sieben-Tage-Regel“ orientieren: Sie können jeweils nach sieben Tagen enden, wenn man sich mit einem negativen PCR- oder Schnelltest „freitestet“. Ohne Test sollen sie künftig zehn Tage dauern.