Wie in den Wochen zuvor haben am Montagabend in ganz Deutschland wieder Zehntausende Menschen gegen Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht demonstriert. Nach einer Schätzung, die auf Polizeiangaben beruht, waren es diesmal mehr als 70 000. Die Proteste waren von einem großem Polizeiaufgebot und mancherorts auch von Gegendemonstrationen begleitet. Mehrfach wurden Versammlungen aufgelöst, etwa in Rostock und Cottbus, weil die Polizei keinen Versammlungsleiter feststellen konnte oder weil gegen die Maskenpflicht verstoßen wurde, kein Mund-Nase-Schutz getragen wurde.
Nach Polizeiangaben wurden am Montagabend allein in Thüringen 21 000 Demonstranten gegen die Corona-Politik gezählt, in Bayern etwa 14 000, in Mecklenburg-Vorpommern 11 000, in Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg und Baden-Württemberg jeweils um die 7000, in Nordrhein-Westfalen etwa 4000 und in Sachsen und Berlin je etwa 3000.
Seit Wochen gehen Gegner der Corona-Politik vielerorts auf die Straße. Nicht immer kündigen oder melden sie die Demonstrationen an. Zahlreiche Städte haben unangemeldete Proteste, die auch als sogenannte Spaziergänge bekannt geworden sind, untersagt.
In Berlin zog eine der größeren Demos vom Alexanderplatz Richtung Brandenburger Tor, dort setzten sich laut der Transparente „Geimpfte und Ungeimpfte gegen die Impfpflicht“ ein. Nur wenige Menschen trugen Maske. Aus einem Lautsprecher-Wagen tönte: „Merkel, Spahn, Steinmeier, Drosten in den Knast“. Vor dem ZDF-Hauptstadtstudio stoppte der Zug für eine Zwischenkundgebung. Ein Redner beschimpfte die „deutschen Medien“, die „gleichgeschaltet“ seien wie 1933.
In Thüringen waren nach ersten Angaben der Landespolizeidirektion an zahlreichen Orten mehr als 20 000 Menschen bei Versammlungen dabei. Hohe Teilnehmerzahlen meldete die Polizei auch aus Baden-Württemberg, wo sich etwa in Rottweil, Ravensburg und Friedrichshafen mehr als 1000 Menschen an nicht angemeldeten Versammlungen beteiligten.
In Sachsen-Anhalt wurden in Halle rund 2400, in Lutherstadt Wittenberg 1900, in Bitterfeld 1100 und in Halberstadt rund 1000 Menschen bei Protesten gegen die Corona-Maßnahmen gezählt.
Im sächsischen Bautzen liefen laut Polizei zeitweise bis zu 1200 Menschen in einem zweistündigen Aufzug durch die Innenstadt. Die Beamten seien nicht eingeschritten, weil nach Einschätzung des Einsatzleiters die Abstände eingehalten worden seien. Aus dem Aufzug heraus sei Pyrotechnik gezündet worden. Derzeit sind laut Sachsens Corona-Notfallverordnung Versammlungen mit 1000 Leuten erlaubt.
In Mecklenburg-Vorpommern heizte sich in der Rostocker Innenstadt die Stimmung nach einer Versammlungsauflösung auf, an zwei Kreuzungen fuhr die Polizei mit Wasserwerfern auf. Die Demonstranten wurden eingekesselt. Schätzungsweise ein Dutzend Störer wurde von Polizisten vorläufig festgenommen. Insgesamt waren rund 3000 Demonstranten und Gegendemonstranten zusammengekommen, in Schwerin rund 2400.
Auf dem Greifswalder Markt stellten Bürger mehr als 1500 Kerzen zum Gedenken an die Corona-Toten im Nordosten auf. „Wir wollen zeigen, dass Corona Realität ist“, hieß es vom Bündnis „Greifswald für Alle“.
Im brandenburgischen Cottbus löste die Polizei eine Demonstration mit rund 2500 Teilnehmern mangels Versammlungsleiter auf. In einem Fall habe die Polizei wegen Widerstands Reizgas einsetzen müssen. Der Versammlungsteilnehmer habe versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen. Vier Personen seien in Polizeigewahrsam genommen werden. Es seien Strafanzeigen unter anderem wegen Beleidigung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoßes gegen das Waffengesetz geschrieben worden. Wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurden bei 175 Personen die Identitäten festgestellt und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.
In der Kölner Innenstadt trafen unterdessen je rund 1000 Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen und Teilnehmer einer Gegendemonstration unter dem Motto „Köln ist solidarisch“ aufeinander. Die unterschiedlichen Lager haben am Neumarkt „lautstark ihre Meinungen ausgetauscht“, sagte ein Polizeisprecher. Alles sei aber ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen, die Veranstaltungen seien wie geplant vor 21 Uhr von den jeweiligen Versammlungsleitern beendet worden.
In den einzelnen Bundesländern gelten sehr unterschiedliche Regeln dazu, unter welchen Pandemie-Bedingungen – zum Beispiel mit Blick auf Teilnehmerzahlen – nicht angemeldete Versammlungen oder sogenannte „Spaziergänge“ geduldet werden.