Lauterbach: «Historisches Versagen» reicher Länder in Corona-Krise

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht in der Corona-Krise ein «historisches Versagen» reicher Staaten. «Wir haben Impfkapazität aufgebaut, die genau zugeschnitten war auf das, was wir selbst brauchen», sagte er am Samstag bei einer Online-Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing. «Wir haben keine zusätzliche Impfstoff-Produktionskapazität für die ärmeren Länder.»

Das habe nun zur Folge, dass die Menschen in Südostasien, Afrika oder Lateinamerika weitgehend ungeschützt einem immer gefährlicher werdenden Virus ausgesetzt seien. Denn je mehr Menschen geimpft seien, desto aggressiver müsse das Virus werden, um sich weiter ausbreiten zu können. «Das ist ein historisches Versagen der wohlhabenden Länder.»

Für Deutschland rechnet Lauterbach «bis Mitte September» mit einer Herdenimmunität. «80 Prozent der Erwachsenen sind dann doppelt geimpft», sagte er. «Meine große Sorge ist aber, dass unsere Kinder nicht geschützt sind.» Die Delta-Variante werde sich auch in Deutschland durchsetzen, diese sei deutlich gefährlicher als alle bisherigen Corona-Varianten. «Ein Prozent der infizierten Kinder wird im Krankenhaus behandelt werden müssen» – und auch langfristige Folgen einer Covid-Erkrankung könnten Kinder treffen.

Insgesamt sei Deutschland mit einer Übersterblichkeit von rund vier Prozent deutlich besser durch die Krise gekommen als europäische Nachbarländer. Allerdings habe die Bundesrepublik in der zweiten Welle versagt: «In der zweiten Welle sind unnötigerweise viele Menschen gestorben», sagte Lauterbach.