Die chinesische Hafenmetropole Shanghai hat den Corona-Lockdown für seine 26 Millionen Einwohner auf unbestimmte Zeit verlängert. Unter Hinweis auf den rasanten Anstieg der Infektionen sprach der Vize-Parteichef Gu Honghui am Dienstag vor der Presse von einem „Wettrennen gegen die Zeit“. Erst müssten die Massentests vom Montag, ihre Überprüfung sowie der Transport der Infizierten in Quarantäne abgeschlossen werden, bevor über die weitere Richtung der Kontrollmaßnahmen entschieden werde. „Die Lage ist sehr akut.“
In der bisher schlimmsten Corona-Welle in China seit zwei Jahren meldete die Gesundheitskommission in Peking einen Rekord von mehr als 16 000 neuen Infektionen. Mit mehr als 15 000 sind die meisten Fälle asymptomatisch. Allein in Shanghai wurden nach den Tests der vergangenen Tage 268 Erkrankungen und mehr als 13 000 Ansteckungen ohne Symptome gemeldet – erstmals mehr als 10 000 an einem Tag. Schwer betroffen ist auch die nordostchinesische Provinz Jilin, wo ebenfalls Ausgangssperren herrschen und millionenfach getestet wird.
China verfolgt eine strikte Null-Covid-Strategie, die mit Omikron und besonders mit der sich schnell verbreitenden BA.2-Variante auf eine harte Probe gestellt wird. Wer infiziert ist, kommt in China in ein Krankenhaus oder eine Quarantäne-Einrichtung, die in Shanghai unter anderem in Turn- und Messehallen und Hotels provisorisch eingerichtet wurden. Doch stoßen sie an ihre Grenzen. Seit Anfang März zählte die Stadt schon mehr als 70 000 Infektionen. Auch wurden mehr als 110 000 enge Kontakte ermittelt, die gesondert überwacht werden.
Eigentlich sollten die Ausgangssperren im Westen Shanghais nur von Freitag bis Dienstag laufen, aber wie zuvor schon im Osten und Süden, wo der Lockdown von Montag bis Freitag gehen sollte, müssen die Menschen doch weiter zuhause bleiben. „Das Virus hat sich schnell und auf verborgene Weise verbreitet“, sagte Vize-Parteichef Gu Honghui. „Es ist eine große Herausforderung für die Test-Kapazitäten.“ Die Behörden arbeiteten unter Hochdruck, um die Lage zu analysieren und Entscheidungen über das weitere Vorgehen zu treffen.
Die Behörden liefern Nahrungsmittel, doch gibt es viele Klagen. Auch räumte der Vize-Parteichef Probleme für chronisch Kranke oder auch Schwangere ein, medizinisch versorgt zu werden. Die Schwierigkeiten werden nach seinen Worten angegangen. Nach Presseberichten sind rund 40 000 medizinische Kräfte aus anderen Regionen nach Shanghai verlegt worden, darunter auch 2000 Militärärzte.
Es ist die größte Mobilisierung von medizinischem Personal in China seit dem Ausbruch der Pandemie in der Metropole Wuhan, wo das Virus Ende 2019 erstmals entdeckt worden war. Die Behörden des bevölkerungsreichsten Landes sind seither recht erfolgreich mit Ausgangssperren, Massentests, Quarantäne, der Unterbrechung von Transportverbindungen und der Abschottung zum Ausland gegen Ausbrüche vorgegangen. Das Leben lief seit zwei Jahren weitgehend normal. Mit der Geschwindigkeit, wie sich Omikron verbreitet, funktionieren die strikten Maßnahmen allerdings immer schlechter. (dpa)