Jetzt also doch: Auch das katholische Bistum Regensburg will eine Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche einrichten. «Die konstituierende Sitzung der Aufarbeitungskommission findet in den nächsten Tagen statt», teilte das Bistum am Freitag mit. Es ist eine Kehrtwende: In den vergangenen Monaten und auch kurz vor der Mitteilung noch hatte ein Sprecher gesagt, Regensburg wolle keine Kommission einrichten und verhandle mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, über einen Sonderweg. Rörig gab dagegen auf Anfrage an, von diesen Verhandlungen nichts zu wissen. Seine Sprecherin begrüßte nun die Entscheidung aus Regensburg, eine Kommission einzurichten.
Vor rund einem Jahr hatte der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sich auf eine «Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland» geeinigt und beschlossen, unabhängige Aufarbeitungskommissionen in allen 27 Bistümern einzusetzen. Rörig sprach damals von einer «historischen Entscheidung».
Das Bistum Regensburg mit seinem konservativen Bischof Rudolf Voderholzer hatte allerdings zunächst betont, man sei dort schon viel weiter als in anderen Bistümern und sehe keine Notwendigkeit für eine neue Kommission. Tatsächlich hatte man dort beispielsweise schon deutlich früher erklärt, Zahlungen für Missbrauchsopfer auf 50 000 Euro aufzustocken. Außerdem hat das Bistum vor allem Fälle bei den weltberühmten Regensburger Domspatzen bereits aufgearbeitet und wissenschaftliche Studien dazu veröffentlicht.
Das Bistum wollte darum eigentlich mit Rörig über eine individuelle Lösung verhandeln. Zum Stand dieser Gespräche gab es aber zunächst durchaus unterschiedliche Auffassungen: «Zurzeit durchlaufen die Vereinbarungen die Gremien des Unabhängigen Beauftragten», sagte ein Bistumssprecher noch Mitte der Woche. Doch bei Rörig klang das anders: «Ein Wunsch des Diözesanbischofs Vorderholzer auf Verständigung mit mir über eine „Äquivalenzerklärung“ gemäß Ziffer 8. der „Gemeinsamen Erklärung“ für das Bistum Regensburg ist bisher an mich nicht herangetragen worden», sagte Rörig auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Es habe lediglich einen Austausch über «befristete Zwischenschritte» gegeben. «Daher findet aktuell unsererseits auch keine Prüfung statt, ob es im Bistum Regensburg schon eine umfassende Aufarbeitung gibt, die den Anforderungen der „Gemeinsamen Erklärung“, insbesondere mit Blick auf die Betroffenenbeteiligung entspricht.» Wenn Regensburg sich aber nun entschieden habe, die Kriterien der Gemeinsamen Erklärung zu erfüllen, seien auch keine weiteren Gespräche nötig, sagte eine Sprecherin des Missbrauchsbeauftragten.