Mit dem Verlesen der Anklageschrift hat der Prozess im Salmonellen-Skandal gegen den früheren Geschäftsführer der niederbayerischen Firma Bayern-Ei begonnen. Zweieinhalb Stunden lang trugen zwei Staatsanwälte am Montag vor dem Landgericht Regensburg abwechselnd die Vorwürfe gegen den Mann vor. Er muss sich fünf Jahre nach dem Skandal unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge, gewerbsmäßigem Betrug sowie lebensmittel- und tierschutzrechtlichen Verstößen verantworten.
Zum Prozessauftakt schwieg der 48-jährige Angeklagte. Sein Verteidiger Ulrich Ziegert aus München trug eine Stellungnahme vor und wies die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück. Tierschützer protestierten vor dem Gerichtsgebäude mit Plakaten und hielten Fotos von gequälten Legehennen hoch. Der Prozess gegen den Mann, der aus Niedersachsen stammt und in Straubing lebt, ist zunächst bis Ende März 2020 terminiert. Es sollen mehr als 100 Zeugen gehört werden.
Aus Sicht der Ermittler soll der Angeklagte im Jahr 2014 als Chef des Legehennen-Mastbetriebs in Aiterhofen (Landkreis Straubing-Bogen) die Auslieferung von Eiern mit der Kennzeichnung Güteklasse A veranlasst haben, obwohl in den Produktionsstätten Salmonellen nachgewiesen worden waren. Zwischen Juni und Oktober 2014 sollen mehr als 180 Konsumenten aus Deutschland, Österreich und Frankreich an Salmonellen erkrankt sein, 40 der Fälle kamen nun zur Anklage. Ein Mensch soll nach dem Verzehr von Bayern-Ei-Ware gestorben sein. Handelspartner zahlten für die der Anklage nach falsch gekennzeichneten und mit Salmonellen kontaminierten Eier rund fünf Millionen Euro.
Verteidiger Ziegert wies die Anklagepunkte zurück. So hätten die Ermittler die Lieferkette nicht genau nachweisen können, also dass von Bayern-Ei produzierte Eier über Zwischenhändler an bestimmte Küchen, Hotels oder Endverbraucher geliefert wurden. „Lieferungen können lediglich zwischen Bayern-Ei und einem Zwischenhändler, mit dem Bayern-Ei in geschäftlichem Kontakt steht, belegt werden.“ Der weitere Weg der Eier lasse sich nicht zuverlässig verfolgen.
Zudem bedeute die Lieferung von Eiern der Handelsklasse A keinesfalls, dass sämtliche Eier salmonellenfrei seien. „Absolute Salmonellenfreiheit ist nicht herstellbar“, sagte der Verteidiger. EU-Regelungen zielten auf eine Salmonellen-Rate von unter zwei Prozent ab.
Zu den von den Anklägern vorgetragenen tierschutzrechtlichen Verstößen gegen den früheren Bayern-Ei-Chef äußerte sich dessen Anwalt nicht. Den Ermittlungen nach soll der Mann zeitweise in seinem für knapp 488 000 Tiere zugelassenen Mastbetrieb mehr als 523 000 Legehennen gehalten haben. In einem für 60 Tiere zugelassenen Käfig seien mehr als 130 Hennen gezählt worden. Dadurch seien den Tieren Schmerzen und Leiden zugefügt worden.
Der Fall hatte auch politische Dimensionen angenommen: So hatte die Opposition der Staatsregierung unter anderem vorgeworfen, dass es 2014 keine öffentliche Warnung vor den Bayern-Ei-Eiern gab. Ein Untersuchungsausschuss hörte knapp 80 Zeugen, darunter den früheren Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Die CSU sah daraufhin die Vorwürfe gegen Umweltministerium und Behörden widerlegt.
Sie wiederholte ihre Sichtweise, wonach es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Firma Bayern-Ei begünstigt oder die Bevölkerung mangelhaft über den Skandal aufgeklärt wurde. Die SPD dagegen blieb bei ihren Vorwürfen, wonach die Staatsregierung Interessen der Industrie vor das Interesse der Verbraucher gestellt hat. Auch Grüne und Freie Wähler – letztere damals noch in der Opposition – sahen die Staatsregierung nicht als entlastet an. (dpa)