Aktion gegen Corona-Proteste sammelt für Unicef-Impfkampagne

Klick, klick, klick. Patrick versucht penibel, jeden Demonstranten zu erfassen. Da, der nächste, klick. Mit einem Klicker steht er mit einer Bekannten am Montagabend an einer Ampel in der Nähe des Mössinger Rathauses und zählt jeden, der an diesem Abend gegen die Impfpflicht oder die Corona-Maßnahmen unterwegs ist. Denn seit Wochen gehen Gegner der Corona-Politik vielerorts auf die Straße. Nicht immer kündigen sie die Demonstrationen an, die auch als «Spaziergänge» bekannt geworden sind.

Patrick und seine fünf Bekannten von der Ofterdinger Initiative «Wir sind Ofterdingen» haben das Projekt «Impfpatenschaft für Querdenker» ins Leben gerufen. Ihren Nachnamen wollen sie nicht nennen. «Wir haben Bedenken, dass es zu Racheaktionen kommen könnte», sagt Desiree, die bei dem lokalen Projekt mitmacht.

Es ist eine ungewöhnliche Aktion, die in ähnlicher Form auch die Stadt Goslar übernommen hat. Etliche andere Städte bundesweit haben Interesse bekundet, sagt Patrick. Je mehr Klicks, desto mehr Geld fließe auf das Unicef-Spendenkonto für das internationale Projekt Covax, erzählt Desiree. Dieses will allen Menschen weltweit Covid-19-Impfstoffe zugänglich machen, auch in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen.

Und die Aktion funktioniert so: Alle, die spenden wollen, können sich auf einer eigens dafür eingerichteten Internetseite registrieren und festlegen, wie viel sie pro Demonstranten spenden wollen. Die Initiative errechnet dann nach der Zählung den Spendenbeitrag und leitet einen Link an den Spender weiter. Diese werden dann aufgefordert, ihre Spende direkt an Unicef zu überweisen. Geklickt wird auch in der Nachbargemeinde Ofterdingen im Landkreis Tübingen.

Das Spendenziel ist bis zum 18. März 10 000 Euro. Bisher sind es laut Homepage schon rund 3200 Euro. Die Spendenbekundungen lägen bei rund 9200 Euro. Damit noch mehr Geld zusammenkommt, werden nicht nur die Mössinger und Ofterdinger Demonstranten gezählt, sondern auch die, die im benachbarten Tübingen protestieren. «Allerdings dienen hier als Grundlage die Zahlen des Ordnungsamtes und nicht das persönliche Klickern», sagt Desiree. Die Behörden sehen in den sogenannten Spaziergängen einen Versuch, die Anmeldepflicht zu umgehen, um keine Auflagen zu bekommen.

«So richtig begonnen hat alles damit, dass in Ofterdingen plötzlich 300 sogenannte Spaziergänger aufgetaucht sind», erzählt Desiree. Dazu aufgerufen worden seien sie in einer Telegram-Gruppe eines Ofterdinger Bürgers, der sich über einen Bußgeldbescheid ärgerte. Die Strafe in Höhe von rund 2700 Euro wurde verhängt, weil der Mann seinen Sohn 51 Tage lang nicht in die Schule geschickt hatte, wie der Schulamtsdirektor in Tübingen, Roland Hocker, berichtet. Zwar habe es ein Attest gegeben, dieses wollte die Schulleitung aber nicht anerkennen und meldete den Fall dem Schulamt. «Inzwischen ist der Mann mit seiner Familie aus Ofterdingen weggezogen und hat sein Haus verkauft», erzählt Desiree.